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felix jud empfiehlt

connie palmen: du sagst es
Aus dem Niederländischen von Hanni Ehlers Diogenes Verlag, 288 Seiten, € [D] 22,– | € [A] 22,70

Das Kennenlernen war programmatisch für alles, was folgen sollte – Sylvia Plath und Ted Hughes, beide Mitte zwanzig, sahen sich 1956 auf einer Studentenfeier in Cambrigde zum ersten Mal, und sie biss ihm in die Wange. Das Blut floss. Vier Monate später heirateten sie. Sie sollten zum berühmtesten Liebespaar der modernen Literatur werden und zum tragischsten. Die amerikanische Lyrikerin, die zeitlebens unter starken Depressionen litt, und der englische Lyriker führten eine turbulente Ehe, aus der zwei Kinder hervorgingen. 1963 wurde ihr einziger und autobiografisch geprägter Roman Die Glasglocke veröffentlicht, vier Wochen später nimmt sie sich das Leben. Für die Biografen dieser Künstlerpersönlichkeiten lag es nahe, Ted Huges Mitschuld an diesem Freitod zu geben. Eine Schuldproblematik, die er zu Lebzeiten nie kommentierte. Die niederländische Schriftstellerin Connie Palmen gibt hier zum ersten Mal dem Ehemann eine Stimme – Tagebücher, Essays und Gedichtbände beider auswertend, lässt sie Ted Hughes die Geschichte der Ehe aus seiner Sicht erzählen. In ihrem neuen Roman unternimmt Palmen nicht weniger als den Versuch einer fiktiven Autobiografie, dies gelingt ihr meisterhaft. Wie recht sie mit ihrer Darstellung hat, wird sich vielleicht in einigen Jahren zeigen – im Archiv von Ted Hughes befindet sich eine versiegelte Kiste, die erst 2023 geöffnet werden darf. Darin befinden sich vermutlich Dokumente, die weiter Aufschluss geben könnten. Bis dahin gibt es nun Connie Palmens Romanversion, und die lässt eindeutig ihre Sympathie für Ted Hughes durchscheinen. »In einer Liebe kann man nie nur einem die Schuld geben.«
stern kAnnegret Schult