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GEORG FORSTER: Ansichten vom Niederrhein, von Brabant, Flandern, Holland, England und Frankreich im April, Mai und Juni 1790
Die Andere Bibliothek, 480 S., € [D] 79,- / [A] 81,30

Georg Forster unternahm im Frühjahr 1790, begleitet vom jungen Alexander von Humboldt, eine Reise, die ihn vom Rheingau nach Ehrenbreitstein, Köln, Düsseldorf über Aachen u. a. nach Lüttich und Brüssel, in die Niederlande nach England und schließlich nach Paris führte. Ansichten vom Niederrhein stand lange im Schatten seiner epochalen Reise um die Welt, die er als erst zwanzigjähriger Begleiter der zweiten Weltumsegelung von Captain James Cook 1775/1776 verfasst hatte. Doch dieselbe Stilsicherheit, dieselbe genaue Beobachtungsgabe kommen auch in den Ansichten von Niederrhein zum Tragen – geschärft um die Erfahrung in Forschung, Lehre, politischem Engagement und zunehmender Radikalisierung. Denn dieses Buch ist vor allem auch eine frühe Revolutionsschrift, voller Kritik an den Herrschaftsverhältnissen der Zeit und am katholischen Pfaffendespotismus. Religion ist laut Forster Gift für den Fortschritt, denn dort wo Freiheit Einzug hält, gibt es wirtschaftlichen und wissenschaftlichen Fortschritt. So ist auch sein anfängliches Einverständnis mit revolutionärer Gewalt zu erklären. Erst sein persönliches Erleben der Pariser Revolution 1793 kurz vor seinem Tode ändern seine Ansichten. Er ist entsetzt über die Auswüchse. Forster starb 1794 in Paris, irgendwo dort verscharrt, ist sein Grab für immer unbekannt geblieben. Richtungsweisend war Forsters Bericht auch in ästhetischer Hinsicht: Mit der Vielzahl präziser und brillant geschriebener Beschreibungen von Architektur und vor allem Kunst, hat er der noch jungen Disziplin der Kunstgeschichte in ihren Anfängen geholfen und ihr sogleich das Vorbild eines mustergültigen Stils mitgegeben. „Mehr hat man doch nicht, als was einem durch diese zwei Oeffnungen der Pupille fällt und die Schwingungen des Gehirns erregt. Anders als so nehmen wir die Welt und ihr Wesen nicht auf.“
Klaus Bittner