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klaus modick – konzert ohne dichter
150413 dom04
Klaus Modick hat mich schon mit seinem Roman über die Männerfreundschaft zwischen Bertolt Brecht und Lion Feuchtwanger (Sunset) sehr beeindruckt. Dasselbe gelingt ihm mit seinem Roman über die Hassliebe zwischen Heinrich Vogeler und Rainer Maria Rilke. Im Mittelpunkt stehen der Künstlerort Worpswede und die Verflechtungen zwischen den Künstlern, den Mäzenen und den sogenannten Malweibern kurz nach der Jahrhundertwende in den Jahren 1905/1906. Der Maler, Grafiker und Innenarchitekt Vogeler, der ganz wesentlich den Jugendstil mitbeeinflusste, steht vor der größten Auszeichnung seines Lebens: Für sein lebensgroßes Bild Das Konzert oder Sommerabend auf dem Barkenhoff wird ihm 1905 die »Goldene Medaille für Kunst und Wissenschaft« der Stadt Oldenburg verliehen. Was für die einen der Gipfel seiner Künstlerkarriere, ist für ihn von Zweifeln durchsetzt. Was seine Bewunderer nicht wissen: In seiner Ehe kriselt es, sein Selbstbewusstsein ist angeknackst, und eine Männerfreundschaft ist in die Brüche gegangen, die zu dem genialischen Dichter Rainer Maria Rilke, der in den vergangenen Sommern Gast auf dem Barkenhoff war. Zeichen dieses Bruchs: Rilke, der ursprünglich auf dem Bild zwischen den drei Frauen Clara Westhoff, Paula Becker und Agnes Wulff auf einer Bank sitzen sollte, ist getilgt. Dafür steht hinter der Bank Otto Modersohn. Dies und viele Details aus dem Leben Vogelers, der Worpsweder Zeit und über die Zeitschrift Die Insel findet man in diesem Buch – und einige Gedichte Rilkes, in denen er sich mit dieser wichtigen Phase seines Lebens auseinandersetzt, unter anderem dieses aus seinem Stundenbuch: »In diesem Dorfe steht das letzte Haus / so einsam wie das letzte Haus der Welt / Die Straße, die das kleine Dorf nicht hält / geht langsam weiter in die Nacht hinaus. Das kleine Dorf ist nur ein Übergang / zwischen zwei Welten, ahnungsvoll und bang / ein Weg an Häusern hin statt eines Stegs / Und die das Dorf verlassen, wandern lang / und viele sterben vielleicht unterwegs.« stern kUlrich Dombrowsky | Kiepenheuer & Witsch 2015, 240 Seiten, € [D] 17,99 | € [A] 18,50